Pater Heinz Lau SCJ: Rückblick auf fast sieben Jahre als Provinzial

Er lässt sich nicht gerne in das Lager „konservativ“ oder „progressiv“ einordnen, sondern: „Ich versuche, glaubwürdig zu sei

Er lässt sich nicht gerne in das Lager „konservativ“ oder „progressiv“ einordnen, sondern: „Ich versuche, glaubwürdig zu sein in meinem Reden, Denken und Tun. Das muss stimmig sein.“ Das sagt der Herz-Jesu-Priester Pater Heinz Lau SCJ.
Autor
Deutsche Ordensprovinz der Dehonianer SCJ
Datum
24.5.22

Er lässt sich nicht gerne in das Lager „konservativ“ oder „progressiv“ einordnen, sondern: „Ich versuche, glaubwürdig zu sein in meinem Reden, Denken und Tun. Das muss stimmig sein.“ Das sagt der Herz-Jesu-Priester Pater Heinz Lau SCJ.

Seit Oktober 2015 leitet er die deutsche Ordensprovinz der Herz-Jesu-Priester. Die Generalleitung in Rom berief den damals 65-jährigen Pater zum Provinzial. Er folgte auf Pater Dr. Heiner Wilmer SCJ, der im Mai 2015 zum Generaloberen des Ordens gewählt und nach kurzer Amtszeit im September 2018 zum Bischof von Hildesheim geweiht wurde. Zum 01. Juli 2019 wurde P. Lau erneut für drei Jahre zum Provinzial der deutschen Provinz ernannt, und zum 1. Juni tritt Pater Stefan Tertünte SCJ seine Nachfolge an.

Im Interview lässt der 71-jährige die letzten Jahre Revue passieren:

Waren Sie gerne Provinzial?

Insgesamt schon. Ich war mitverantwortlich für Leitlinien und die Entwicklung unserer Provinz, und Verantwortung zu übernehmen – das liegt mir. Aber leider bin ich in den letzten beiden Jahren wegen Corona so wenig herumgekomen. Das hat meine Aufgabe erschwert. Trotzdem habe ich immer versucht, den Kontakt zu meinen Mitbrüdern zu halten. Und es ist uns gelungen, die Entwicklung unserer Häuser voranzubringen. Sie sind alle zeitgemäß und gut aufgestellt.

Erinnern Sie sich noch an Ihre Ziele und Vorhaben, als Sie ins Amt kamen?

Ich bin ja überraschend, quasi über Nacht Provinzial geworden. Da blieb nicht viel Zeit dafür. Aber ich hatte und habe einige Ziele: Wir Herz-Jesu-Prieser wollen an einer zeitgemäßen Kirche mitarbeiten, die nicht altmodisch und routiniert ist, mit Klöstern als geistliche Zentren. Wir dürfen nie vergessen, auf welcher Seite wir stehen: nämlich an der Seite der einfachen Menschen, und vor allem ist mir der soziale Katholizismus sehr wichtig. Ich will, dass wir die SCJ-Spiritualität lebendig halten und verbreiten.

Was ist denn diese SCJ-Spiritualität?

Sie ist zentral-biblisch! Wir orientieren uns an der Gesinnung Jesu Christi. So lese ich die Bibel und verbreite sie: dass wir die Gesinnung Jesu für unser Leben übernehmen. Wichtig ist mir das Ineinander von Mystik und Politik – nicht das Nebeneinander! Das bedeutet: Ich nehme die Welt ins Gebet, und durch das Gebet verändert sich mein Handeln.

Wie würden Sie die Entwicklung der vergangenen Jahre zusammenfassen?

Insgesamt haben wir zusammen mit dem sehr guten Provinzrat einiges bewegen können. Unsere vier Klöster in Neustadt, Martental, Freiburg und Handrup sind gut aufgestellt, und auch an den kleinen Häusern in Berlin und Oberhausen halten wir fest. Sehr viel Zeit, Kraft und Energie haben wir in die Zentralisierung gesteckt: Öffentlichkeitsarbeit, Spendenbüro, Buchhaltung und Missionsprokura sind in Neustadt angesiedelt, eng zusammen mit diesen Stellen arbeitet der Provinzökonom. Das war ein wichtiger und richtiger Schritt.

Leider sind in den vergangenen Jahren auch liebe Mitbrüder und Weggefährten von mir gestorben, und die Verantwortung verteilt sich jetzt auf weniger Schultern.
Und: Ich habe immer versucht, guten Kontakt zu ausländischen Provinzen zu halten. Besonders gut gelingt das mit Brasilien, Kamerun, Polen und Madagaskar, aber auch zu Luxemburg.

Wie stellt sich die deutsche Ordensprovinz aus Ihrer Sicht heute dar?

Ich glaube, insgesamt stehen wir ziemlich gut da. Wir werden positiv wahrgenommen, was vor allem an einigen Mitbrüdern liegt, die sehr gut arbeiten und wirken. Alle unsere Häuser haben eine große Ausstrahlung, die Gottesdienste sind überall gut besucht. Wir wollen ja auch ein anderes Gesicht in die Kirche bringen: nicht altmodisch, steril und langweilig, sondern aufgeschlossen und manchmal vielleicht sogar provokativ.

Eine Gruppe von Herz-Jesu-Priestern hat eine Vision für die Ordensprovinz aufgestellt, die bei der letzten Provinzversammlung ja auch bestätigt wurde. Was sind für Sie zentrale Elemente dieser Vision?

Wichtig ist, dass wir uns ganz im Sinne unseres Ordensgründers Pater Leo Dehon aufstellen. Ich glaube, insgesamt sind wir sehr offen für die Menschen, beziehungsfähig und versuchen seinen Auftrag zu leben: „Geht zu den Menschen!“ Wir haben eine geistliche Ausstrahlung, die sehr positiv wirkt. Auch das ist ein Erbe Pater Dehons, der gesagt hat, wir sollen nicht herumlaufen wie Totenvögel. Und wir seien nicht für die Sakristei und Beerdigungen bestimmt. Wir sind eine apostolische Ordensgemeinschaft inmitten einer säkularen Welt.

Sie sprechen von positiver Ausstrahlung und Spiritualität, von Klöstern als geistlichen Zentren und einer säkularen Welt. Gleichzeitig wenden immer mehr Katholiken ihrer Kirche den Rücken zu. Was können die Herz-Jesu-Priester dem entgegensetzen?

Ja, leider gibt es das alles: Sexualismus, Klerikalisms, Hierarchien und Ausgrenzung. Dass uns als katholischer Kirche der Wind so ins Gesicht bläst, das haben wir uns über die Jahrhunderte selbst eingebrockt. Auch so wertvolle Sakramente wie die Beichte haben wir uns selbst kaputt gemacht, durch die Gängelung der Gläubigen und Ausforschung ihres Lebens.

Ich setze dem eine innere Erneuerung entgegen. Ich lege sehr viel Wert auf ein geistliches Leben, aber auch das ist in der Kirche viel zu kurz gekommen! Viele von uns Herz-Jesu-Priestern bieten den Menschen eine geistliche Begleitung an, Exerzitien – und wir sind gastfreundlich: Wie sollten wir sonst mit Menschen in Kontakt kommen?

Was waren in den fast sieben Jahren als Provinzial „Meilensteine“ für Sie?

Entscheidend ist, dass wir uns überall so gut entwickeln. Dazu kann ich aus jedem unserer Häuser etwas nennen: Ich bin froh, dass Freiburg ein internationales Studienhaus ist, dass wir dort gastfreundlich sind für Studenten anderer Provinzen. Es ist ein geistliches Haus, wir bieten dort Begleitung und Beichtgespräche an, und wir haben ein Augenmerk für die sozialen Probleme in der Stadt.

Was Neustadt angeht, bin ich sehr erfreut, dass die Zentralisierung so gut geklappt hat. Die Entwicklung zu einem offenen Bildungs- und Gästehaus ist so erfolgreich, das hätte ich mir nicht träumen lassen.

Martental war schon immer ein hoch geschätzter Wallfahrtsort. Die Gottesdienste dort sind noch immer enorm gut besucht, und immer trifft man Menschen an, die dorthin fahren zum Gebet. Auch das Kloster präsentiert sich sehr offen und gastfreundlich.

Unsere Schule in Handrup ist hoch geschätzt! Obwohl wir ein konfessionelles Gymnasium sind und in einer ländlichen Umgebung abseits liegen, haben wir einen enormen Zuspruch.

Was mein Mitbruder Ernst-Otto Sloot in Oberhausen als Religionslehrer in einem riesigen Berufsschulzentrum leistet, verdient größten Respekt. Und hinsichtlich Berlin bin ich noch immer überzeugt von der Bedeutung unserer Präsenz in einer Großstadt. Alle unsere Angebote werden gut angenommen.

Dazu kommt, dass wir sehr gut aufgestellt sind mit unseren weltlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Zum Schluss die Frage: Sie waren gern Provinzial. Sind Sie auch froh, dass Sie die Aufgabe jetzt abgeben?

Ja. Ich bin 71 Jahre und seit einem halben Jahr auch Rektor in Handrup – das war notwendig nach dem überraschenden Tod von P. August Hülsmann. Diese Schule fordert viel – noch nicht abgeschlossene Bauarbeiten und die Digitalisierung des Unterrichts sind da zwei Schwerpunkte. Ich bin jetzt gerne in Handrup und glaube, dass ich meinem Mitbruder Stefan Tertünte eine gut aufgestellte Provinz übergebe.

Interview: Brigitte Deiters