Miteinander leben lernen: Facetten von Interkulturalität

Autor
Deutsche Ordensprovinz der Dehonianer SCJ
Datum
16.5.24

Die Mitgliederversammlung der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) in Vallendar beschäftigte sich im Rahmen eines Studienschwerpunkts mit vielfältigen Facetten des Themas „Interkulturalität“. Provinzial Pater Stefan Tertünte SCJ als Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes war dabei.

Expertinnen und Experten aus internationalen Ordensgemeinschaften führten mit Impulsvorträgen in die Thematik ein. Sie alle wiesen auf die Herausforderung und Chance des interkulturellen Miteinanders hin, durch gegenseitigen Respekt und die Bereitschaft und Fähigkeit, sich gut zuzuhören und genau hinzuhören, in einen fruchtbaren Dialog zu kommen und so eine neue gemeinsame Kultur wachsen zu lassen.

Zum Abschluss des Studientags verabschiedete die DOK-Mitgliederversammlung eine Stellungnahme zur Frage des Zusammenlebens von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Prägungen in Deutschland. Für die Ordensgemeinschaften sei ein solches Zusammenleben von in Deutschland und im Ausland geborenen Frauen und Männern unter einem Dach seit vielen Jahrzehnten alltägliche und vertraute Realität. Die Ordensoberinnen und -oberen appellieren an Kirche und Gesellschaft, alles zu tun, damit Deutsche und Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund nicht nebeneinander, sondern miteinander leben lernen: „Als Christinnen und Christen wissen wir, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft mehr miteinander verbindet als voneinander trennt.“

Interkulturalität in der deutschen Ordensprovinz der Herz-Jesu-Priester

Im Anschluss an das Treffen sagt Provinzial Pater Stefan Tertünte SC: „In Vallendar waren knapp 200 Ordensgemeinschaften vertreten. Es ist beeindruckend, die ganze Bandbreite des Ordenslebens dort in einem Raum zu sehen: Sehr zurückgezogen und größtenteils in Stille lebende Trappistinnen, die Steyler Missionare mit ihrer großen internationalen Erfahrung, die Missionsärztlichen Schwestern in Frankfurt mit ihrer Straßenambulanz für Obdachlose - und viele mehr. Natürlich bewegt viele Gemeinschaften die Herausforderung des mangelnden Nachwuchses und dementsprechend die Realität alternder Kommunitäten. Gleichzeitig sind viele starke Initiativen sichtbar. Ich war überrascht, wie viele insbesondere Frauengemeinschaften sich für Flüchtlinge und Migranten engagieren, indem sie Wohnraum zur Verfügung stellen und mit Migranten teilen.

Der Studientag hat ein Thema aufgegriffen, das uns auch in der Deutschen Ordensprovinz beschäftigt: Wie kann das Miteinander von deutschen und im Ausland geborenen Mitbrüdern gelingen? Mitbrüder aus Brasilien, Polen, Indien, Niederlande, Italien, Finnland gehören zur Deutschen Ordensprovinz, außerdem sechs Studenten aus dem Kongo, aus Kamerun und Madagaskar.

Klar wurde: Interkulturalität im Ordensleben bedeutet auch für uns, dass sich alle verändern müssen, diejenigen, die schon da sind und diejenigen, die dazukommen. In dieser Hinsicht sind wir Ordensleute nahe dran an Herausforderungen, vor denen die ganze Gesellschaft gestellt ist. Das politische Statement der Mitgliederversammlung, das auch ich als Provinzial der Deutschen Ordensprovinz unterstütze, greift diese Thematik auf."

Die vollständige Stellungnahme der Deutschen Ordensobernkonferenz

„Für uns Ordensgemeinschaften ist das Zusammenleben von in Deutschland und im Ausland geborenen Frauen und Männern unter einem Dach seit vielen Jahrzehnten alltägliche und vertraute Realität. In vielen Konventen und Klöstern leben wir in internationalen Kommunitäten. Wir arbeiten gemeinsam in der Pastoral und den unterschiedlichen uns anvertrauten Aufgabengebieten. Besonders im Bereich der Pflege sind vor allem Ordensschwestern aus dem Ausland kaum mehr wegzudenken. Die kirchliche Landschaft sähe ohne seelsorgliches Engagement aus anderen Ländern noch viel ärmer aus. Aus dem gemeinsamen Leben und der gemeinsamen Arbeit haben wir eine reiche Erfahrung mit den Chancen, wie auch den Herausforderungen des interkulturellen Miteinanders.

Im Weg stehen uns oft bürokratische Hindernisse, die es selbst offensichtlich qualifizierten Menschen schwer machen, nach Deutschland zu kommen, um hier zu leben und zu arbeiten. Der gravierende Fachkräftemangel scheint uns vor diesem Hintergrund sehr oft hausgemacht und das Klagen darüber seitens der Politik und der Gesellschaft letztlich unglaubwürdig.

Im Weg stehen uns aber auch immer wieder fremdenfeindliche Ressentiments in unserer Gesellschaft, die dem ersten Satz unseres Grundgesetzes zuwiderlaufen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Diese Würde aller, nicht nur der Deutschen, zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und unser aller Aufgabe. Schockiert erleben wir Ordensleute, dass die Behandlung von Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland oft eben nicht der allen Menschen gleichen Würde entspricht.

Wie in unseren Gemeinschaften gilt auch für unsere gesamte Gesellschaft: Wir wollen alles tun, damit Deutsche und Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund nicht nebeneinander, sondern miteinander leben lernen. Aus unserer christlichen Überzeugung heraus gilt: Wir wollen alles tun, damit aus Fremden Schwestern und Brüder werden. Denn als Christinnen und Christen wissen wir, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft mehr miteinander verbindet als voneinander trennt. Diese Perspektive sollte leitend sein, in unserem Denken, in unserem Handeln und Reden, in Politik, Kirche und Gesellschaft, im Großen und im Kleinen.
Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) vertritt die Interessen der Ordensgemeinschaften in Deutschland mit rund 10.200 Ordensfrauen und rund 3.200 Ordensmännern, die in etwa 1300 klösterlichen Niederlassungen leben.“

Foto © scj.de: Mehrere Nationalitäten auch beim Provinzkapitel der Herz-Jesu-Priester im Januar 2024